Ratgeber

Legasthenie: Früherkennung erspart viele Probleme

Nicht immer fällt Schülern das Lesenlernen so leicht wie sich die Eltern das wünschen. Obwohl Klassenkameraden schon flüssig Geschichten aus Büchern wiedergeben können, stottert der eigene Nachwuchs bei den einfachsten Sätzen herum. Grundlegendes Problem dahinter kann eine Legasthenie sein. Da die Lese- und Rechtschreibstörung zu weitreichenden Schwierigkeiten im späteren Berufsleben und auch im Privaten führt, ist frühes Handeln gefragt.

Alarmzeichen die eine Legasthenie vermuten lassen

Viele Eltern von an Legasthenie betroffenen Schülern fragen sich ob sie die Störung vielleicht früher hätten erkennen können. In der Tat gibt es schon im Kleinkindalter einige Alarmzeichen, die auf eine Entwicklungsstörung hindeuten. Ein Zweijähriger kann im Normalfall 50 Wörter sprechen und bildet erste 2-Wort-Sätze. Kinder mit Legasthenie hinken in diesem Punkt hinterher. Es fällt ihnen deutlich schwerer als Gleichaltrigen, Dinge korrekt zu benennen. Meist erklären sich Eltern das Problem damit, dass jedes Kind unterschiedlich ist. Manche fangen eher an zu laufen, andere sprechen schon mit zwei Jahren in ganzen Sätzen. Rund 20 Prozent aller Kleinkinder sind in der sprachlichen Entwicklung hintennach. Von ihnen entwickelt die Hälfte später einmal Legasthenie.

Die tatsächliche Diagnose erfolgt in den meisten Fällen erst, wenn das Kind in die erste Klasse geht. Beim Vorlesen in der Schule oder zu Hause zeigt sich, dass die Betroffenen einzelne Wörter auslassen oder Buchstaben vertauschen. Ein weiteres Anzeichen für eine mögliche Legasthenie ist, dass Schüler Wörter erfinden, die sich gar nicht im Text erfinden. Damit möchten sie ihr Problem kaschieren. Legastheniker schaffen es außerdem nicht, sinnerfassend zu lesen. Sie können den Inhalt einer Geschichte nicht wiedergeben.

Frühe Förderung ist wichtig

Manchmal verschweigen Kinder zu Hause die Probleme, die sie beim Lesen in der Schule haben. Eltern fallen aus allen Wolken, wenn die Lehrkraft sie darüber informiert. Manchmal negieren Eltern die Störung, schließlich möchte niemand, dass sein Kind an Lernproblemen leidet. Die Strategie des Verleugnens ist allerdings kontraproduktiv. Denn je früher der Einstig in eine Legasthenie-Therapie beginnt, umso eher besteht die Möglichkeit, dass Kinder die Schule abschließen und die Jugend in positiver Erinnerung behalten.

Wichtig ist zunächst einmal bei einem Experten eine Diagnose erstellen zu lassen. Denn dann genießen sie einen vorgeschrieben Notenschutz. Das bedeutet, dass für sie bei der Beurteilung im Unterrichtsfach deutsch andere Kriterien gelten als bei den Klassenkameraden. Sie erhalten zwar eine Note in Deutsch, allerdings fließt darin nicht die Rechtsschreibung ein oder wird zumindest anders bewertet. Ein erster Schritt in die Therapie bei Legasthenie führt zum Arzt. Er wendet verschiedene Diagnoseverfahren an:

  • An erster Stelle steht eine umfangreiche Anamnese. Die Eltern werden über den bisherigen Entwicklungsverlauf befragt und geben darüber Auskunft, ob in der Familie bereits Fälle von Legasthenie aufgetreten sind.
  • Außerdem müssen andere Kriterien, die zu einer Lese- und Rechtschreibschwäche führen, ausgeschlossen werden. Dazu zählt ein umfangreicher Hör- und Sehtest. Schwächen in diesen Bereichen führen nämlich zu ähnlichen Symptomen wie Legasthenie.
  • Auch das aktuelle Lesevermögen wird bei den Tests abgefragt. Das Kind wird gebeten, eine Geschichte vorzulesen und den Inhalt nachher wiederzugeben.
  • Manchmal empfiehlt der Arzt eine Messung der Hirnströme mit Hilde einer Elektroenzephalografie

Therapie bei Legasthenie

Bild von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

Ein wichtiges Tool, um Legasthenikern zu helfen ist das Stufenmodell nach Frith. Benannt ist es nach Uta Frith, die im Jahr 1986 ein System entwickelte, um die Entwicklung der Rechtschreibung aufzuzeichnen. Es bietet Therapeuten eine Möglichkeit, die Rechtschreib- und Lesekenntnisse des meist jugendlichen Klienten zu klassifizieren. Laut Frith eignen sich Kinder die Lese- und Schreibefertigkeiten in drei Schritten an. Während der logographischen Phase geht es darum, Wörter anhand von für Kinder markanten Faktoren zu erkennen. Das kann die Wortlänge sein. In diesem ersten Entwicklungsschritt gelingt es Kindern noch nicht zu gut, vom Wortbild her auf die Bedeutung zu schließen.

Während der alphabetischen Phase schaffen es Kinder, die Buchstaben bereits bestimmten Lauten zuzuordnen. Immer mehr gelingt es aus dem Zusammenhang zu lesen: Manchmal reicht der erste Buchstabe, um die Wortbedeutung zu erfassen, wenn man bereits mehrere Sätze gelesen hat. In der abschließenden orthographischen Phase erkennen Kinder immer wiederkehrende Buchstabensequenzen rasch wieder und müssen nicht mehr jeden Buchstaben einzeln entziffern. Bei Legasthenie fehlen diese Lernprozesse. Zwar sind die einzelnen Buchstaben bekannt, die Betroffenen können sich jedoch im wahrsten Sinne des Wortes keinen Reim darauf machen.

Die Therapie bei Legasthenie sollte nicht immer nach demselben Schema ablaufen. Es geht vielmehr darum, das Kind auf eine der oben beschriebenen Stufen abzuholen und mit verschiedenen Übungen individuell zu fördern. Auch die Digitalisierung ist bei der Behandlung der Störung hilfreich: Es gibt laufend neue Programme, die mit Hilfe des Computers Lernreize setzen. Einer der großen Vorteile der Online Therapien für Legasthenie ist, dass die Kinder auch zu Hause ständig üben können. Anstatt ein- oder zweimal pro Woche einen Therapeuten aufzusuchen, sind die Lernprogramme ständig verfügbar. Sie bieten sich auch als Ergänzung für die Arbeit mit einem Experten an. Unter andrem sind Lückentexte auszufüllen oder Übungen zum Training der Wahrnehmung zu absolvieren. Da viele Arbeitsblätter spielerisch aufgebaut sind, machen sie den Schülern meistens großen Spaß.

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